Die Nacht zum neuen Kalenderjahr ist ja – gefühlt – besonders lang. Zeit für eine lange Destillation! Schon im Vorjahr habe ich einiges zur Psycho-Aromatherapie und der Geschichten von Angelika erzählt. Jetzt… bei der vielen Zeit… hole ich nochmals aus:
Oh Engel, oh Erzengel
Angelica archangelica, also Engel erzengel, ist der botanische Name der Erzengelwurz. So rein wissenschaftlich gesehen schon ein großes Glaubensbekenntnis. Aber das große Ansehen musste einfach übersetzt werden. In seinem bedeutenden Werk Species plantarum veröffentlichte Linné 1753 diesen Namen, als die Angelikawurzel schon lange Bestandteil von Lebenselixieren und Stärkungsmitteln und Schutztalismanen zu Epidemiezeiten war. Mit ihr erinnern wir uns vielleicht gleich an die Pest, den Schwarzen Tod, der im 14. Jahrhundert die Ärzte mit Nasenmasken herumlaufen ließ, in denen mit Essigauszügen getränkte Schwämme zur Krankheitsabwehr lagen – u.a. mit Angelika.
Sie sind unter uns
Die Pest ist übrigens noch nicht vorbei. Es gibt sie immer noch. Und erst 2018 wies man nach, dass der Erreger, das Bakterium Yersinia pestis, mindestens 4.000 Jahre schon auf Erden wandelt und uns Menschen heimsucht. Wir Menschen werden immer unseren Zwist mit Erregern haben – aktuell scheint uns bewusst zu werden, dass wir chronische Vireninfektionen kennenlernen dürfen, da viele unserer Autoimmunerkrankungen eigentlich solche Infektionen sein sollen. Mal ehrlich… wer tief mit der Natur verbunden ist, kommt doch nicht auf die Idee zu behaupten, die Natur würde sich gegen sich selbst richten!? Dieser Autoimmuntheorie stand ich schon immer skeptisch gegenüber. Wir haben noch viel zu lernen.
Doch zurück zur Angelika und dem Grund meines Ausholens: Sie gilt als große Immunstärkerin, insbesondere bei immer wiederkehrenden Infekten oder Abwehrschwäche bei Krebs und bei – tada – rheumatischen Erkrankungen. Psychisch wird sie schon lange bei Ein- und Durchschlafstörungen genutzt und sie gilt als eine der besten Angstlöserinnen. Wie macht die Angelika das bloß? Das Geheimnis liegt in ihrem Thema!
Die geistige Wirkung der Angelika
Angelika befähigt uns den eigenen Weg zu gehen. Wenn man ihre Essenz herunter brechen müsste, käme diese Kernaussage heraus. Großartig. Gerade in der heutigen Zeit spüren wir den inneren Druck (natürlich auch durch neue Möglichkeiten), endlich das zu tun, was wir in uns tragen. Was hindert uns? Ängste! Und zwar oft gesellschaftlich involvierte Ängste. Was mögen die anderen denken? Ach, die anderen sind so viel besser als ich. So lassen wir uns ganz schnell reinreden und verlieren die Unterscheidungsfähigkeit zwischen uns und dem Außen.
Wen attackiere ich hier eigentlich?
Wir beginnen uns unwohl zu fühlen, werden kritik“freudig“, attackieren gar – vielleicht etwas das Außen ist, aber vielleicht ist es auch schon ein Teil von uns. Angelika klärt, säubert, fokussiert uns. Wer bin ich wirklich, was denke ich wirklich, was will ich wirklich – und tut mir all dies gut? Ja und dann bekräftigt sie uns, genau dazu zu stehen.
Sie rückt das Bild gerade, lässt erkennen, dass alle nur mit Wasser kochen und dass es ohnehin nur einen Weg zu gehen gibt, den eigenen – und der muss mit jedem Schritt nach vorn gebaut werden. Das geht zum Glück ganz leicht mit ihr als Partnerin.
Destillation der Angelikawurzel
Wurzeln zu destillieren, ist ganz kontemplativ. Es dauert. Stunden. Ganz gemächlich, kein Zeitdruck, keine Action – auch der Duft ist gaaaanz entfernt und in irgendwelchen Tiefen aufzuspüren, wenn man das Zimmer betritt, in dem die Destille läuft. (Als mein Mann das Zimmer betrat und ich gerade einen Kaffee gemacht hatte, meinte er euphorisch und hochgradig überrascht, ich hätte den Duft unseres Lieblingscafés rekreiert!) Ganz fein, zurückhaltend, aber tiefgehend ist die Angelika auf die Ferne. So voller Zufriedenheit und Güte. Und wenn man sich dem Auffangbehälter des Hydrolats dann mit neugieriger Nase nähert, riecht man die Stärke, die Kraft, die Präsenz. Und das, obwohl das Pflanzenwasser zunächst nicht das olfaktorische Highlight ist.
Wurzeln vorbehandeln
Von der Angelika sind mehrere Pflanzenteile destillierbar. Klassisch wird die Wurzel destilliert. Sie enthält auch diejenigen Stoffe, die das Licht in unser Gemüt lassen – und unsere Haut sensibler dafür machen (Furocoumarine).
Die Wurzeln gilt es zunächst einzuweichen. Susanne Fischer-Rizzi gibt die Erfahrung weiter, die getrockneten Wurzeln zunächst zu mörsern und dann 1-2 Stunden im Kolben mit dem Wasser anzusetzen. Ich beließ sie in den kleinen Stücken, weil ich keinen geeigneten Mörser (besser wohl eine Kaffeemühle nur für Kräuter) habe. Ich setzte sie in Quellwasser an – und dann kam mir was dazwischen. Erst 24 Stunden später begann ich die Destillation. Ich glaube nicht, dass es geschadet hat, aber wer weiß… Da fehlt eben noch Erfahrung.
Gewöhnungsbedürftig – aber die Wirkung anzeigend
So tropfte es stetig und gemäßig (und tropft es noch). Während die ersten 3 Tropfen hoch genial rochen und mich die Angelika mit weiten Armen willkommen hießen, verwandelte sich der Duft sehr schnell in einen gewöhnungsbedürftigen, interessanterweise auf Lungen und Magen drückenden, Odor. Er ist nicht vollständig abweisend oder unangenehm – man muss sich wirklich drauf einlassen. Er scheint aus den tiefsten trüben Gewässern aufzusteigen. Wenn man sich darauf einlässt, ist er aber erträglich und in sich rund. Susanne Fischer-Rizzi schreibt deutlich, dass Angelikawurzelwasser mehrere Wochen zur Reifung benötigt. Ich bin gespannt, was aus dem Wasser noch wird. Lungen und Magen jedenfalls sind Angelika ja durchaus zugesprochen – sowohl bei Lungenerkrankungen als auch als Verdauungstonikum ist es in Verwendung.
Zu den Raunächten gehört es zu Raunen, etwas divinatorisch zu wirken. Ihr ahnt, das Orakeln zu Silvester ist nur ein Überbleibsel aus der gesamten Raunachtszeit. Die 8. Raunacht steht für den August. Ich ziehe gern Tarotkarten in der Zeit. Aber ihr könnt auch aus den verschiedenen Pflanzenkartensets einen Duftbegleiter für die Zeit ziehen. Ein solches Set könnt ihr hier gewinnen:
Mitmachen und gewinnen!
Bei jedem Rätsel könnt ihr mitmachen. Wer richtig liegt, wird in die Auslosung am 6. Januar genommen. Wer 12 x richtig liegt, steht auch 12 x in der Liste! Beachtet jedoch, dass jede/r nur einmal pro Rätsel mitmachen kann. Mehrmalige Teilnahmen unter verschiedenen Angaben sind nicht fair und führen zum Ausschluss für das gesamte Gewinnspiel. Einsendeschluss für dieses Raunachtsrätsel ist der 1.1.19 um 18 Uhr. Alle im Zuge des Rätsels eingesandten und gespeicherten Daten werden umgehend nach der Verlosung gelöscht und nur für die Verlosung selbst genutzt.
Gewinnen könnt ihr eines
meiner Kartensets „Duftimpulse 1„:
Rätselfrage
Die Erz-Engelwurz, Arznei-Engelwurz bzw. Angelika (alles Angelica archangelica) kommt ursprünglich aus dem Norden, d.h. Island und Skandinavien, und Osten Europas. Woanders kommt sie nicht vor oder ist ein Neophyt. Das machte sie aber den antiken Kräuterheilenden unbekannt und die Kunde trug sich auch nicht weiter. Erst im Mittelalter begannen Aufzeichnungen zu ihr. Im Jahre 1500 veröffentlichte Hieronymus Brunschwig das erste Pflanzenprofil zur Angelika nebst gutem Erfahrungswert zu ihrer Wirkung. Wie heißt dieses Buch?
Die Antwort:
Gesucht war das „Kleine Destillierbuch“ oder auch Liber de arte distillandi. de Simplicibus. Zwei Dinge sind daran spannend:
Erstens bedeutet dies, dass die erste ausführliche Wirkungsbeschreibung der Erzengelwurz über das Hydrolat ist!
Zweitens zeigt es uns, dass Phytotherapie zu früheren Zeiten viel mit Hydrolaten zu tun hatte. In alten Kräuterbüchern findet man nicht nur Wirkungshinweisen zu Dekokten und Co, sondern auch zum jeweiligen Pflanzenwasser. Aromatherapie ist also wahrlich nichts Neues – wir mögen das nur gern mal vergessen.
Wer jetzt doch noch weiterforschen möchte und daran interessiert ist, was in diesem Kleinen Destillierbuch denn so steht, der kann es sich dank Digitalem Zeitalter und Archivierungsgedanken alter Schätze auf dem Sofa bequem machen und diesem Link zu einer gescannten Ausgabe folgen. (Kleine Herausforderung dabei: Die alte Schrift.)
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