Ein botanischer Name – so viele verschiedene Gesichter. Es erstaunt mich immer wieder wie verschieden Basilikum, Ocimum basilicum, aussehen kann und noch immer den gleichen botanischen Namen trägt. Zumindest kennen wir zwei Chemotypen des Ocimum basilicum: CT Linalool und CT Methylchavicol. Ersterer ist der „europäische Basilikum“, der zweite entwickelt sich in Nordafrika und Asien und riecht etwas schärfer. Mit jenem, CT Methylchavicol, durfte ich so meine Erfahrungen machen. Während ich dafür bekannt war auf all meine Speisen eine dicke Schicht „europäischen“ Basilikum zu streuen (das Gewürz natürlich) und gelegentlich die frischen Blätter von der Pflanze wegzunaschen, zeigte mir das ätherische Öl des „exotischen“ Basilikums schnell Grenzen auf. Es war lange Zeit ein „böser Duft“, ein Duft, der mich herausgefordert hat und den ich daher immer nur kurz genossen habe. Seine Wirkung aus dem Buche trat bei mir zwar auch ein – aber schnell kam ich an meine Toleranzgrenzen. Der Geruch roch nie schlecht, widerlich oder derart. Ein Duft kann auch herausfordern, indem er ganz subtil vermittelt, dass das Thema einfach zu viel ist. Ich spürte, wie plötzlich eine große Belastung auf mich zukam. Und dann schraubte ich das Fläschchen wieder ganz schnell zu.

Nervenstärke – Nervenruhe

Kennengelernt habe ich den Duft in der einzigen Ätherisch-Öl-Mischung, die ich je gekauft (und sogar nachgekauft) habe. Bei einem französischen Anbieter gibt es tolle Mischungen, auf die ich durch meinen damaligen französischen Shiatsu-Lehrer aufmerksam wurde. Composé apaisant – Beruhigungsmischung – riecht phänomenal. In ihr stecken: Basilikum, Estragon, Majoran und Teebaum. Vorrangig riecht sie nach Basilikum, wohl auch, weil der Duft sehr dominant ist.

Aromakundige können an der Mischung schon ablesen: Hier geht es nicht etwa in gedämpfte Ruhe. Die Nerven werden ordentlich gestärkt, das System auf Parasympathikus gestellt, die Verdauung gefördert, psychich wie physisch wird geklärt und sortiert.

Das trifft alles auch auf den Basilikum zu. Die Mischung, für jene Interessierte, eignet sich hervorragend für modern Gestresste, Burnout-Kandidaten und Sich-In-Rekonvaleszenz-Befindliche.

Der „exotische“ Basilikum, CT Methylchavicol, ist wesentlich stärker nervenregulierend und nervenstärkender als der hiesige Chemotyp Linalool. Er ist stark krampflösend, antiinfektiös und gilt psychisch als stärkend, angstlösend und antidepressiv.

Nun sind die zuletzt genannten psychischen Wirkungen immer sehr unkonkret und wenig aussagekräftig. Schauen wir uns also das Thema an, um zu erkennen, wieso und wann Basilikum uns stärkt, unsere Ängste nimmt und unsere Stimmung hebt.

Verantwortung tragen

Als sehr freiheitsliebender Mensch, der immer wieder Ruhe und vor allem Raum braucht, um Inspiration zu erfahren, ist es mir ein Gräuel, allzu viele Verpflichtungen zu haben. Das ist der Grund, warum ich Basilikum nicht lange riechen konnte. Mir war, als würde mir bewusst gemacht werden, mehr Verantwortung zu übernehmen, meinen eigenen Weg zu beschneiden, um für andere mit sorgen zu können. Als Freigeist, der vieles anders machen muss und vorgefertigte Wege nicht gehen kann, ist es schließlich schon schwer genug, für sich selbst zu sorgen.

Dabei ist Basilikum weder schüchtern, noch hält es mit Lob hinterm Berg. Er macht uns zur Königin oder zum König unserer Welt und bestärkt uns, unsere Rolle als VersorgerIn, als weise Ansprechperson, als gemeinschaftliche Entscheiderin, als kluger Statthalter zu übernehmen.

Dabei zeigt er uns unsere vielfältige Ressourcenlage auf. Denn Nichts kann man nicht teilen. Und er erweitert diese Ressource um den Mut, sich um sich selbst zu kümmern und kurzzeitige, konzentrierte, wohlverdiente Auszeiten zu nehmen. Basilikum ist nicht jene Kraft, die ständig sagt „mach mal Pause“. Der Duft weiß um Verantwortung und darum, dass es viel zu tun gibt. Er ist in gewisser Hinsicht der Workaholic-Versteher. Sein Motto: Stark arbeiten – leicht entspannen.

Das hohe Amt

Der Duft bekleidet wirklich ein hohes Amt – oder besser, wir sprechen mit ihm den Aspekt in uns an, der Manager-Fähigkeiten hat und Ratgeber ist. Es macht Sinn, dass der Duft nichts für Kinder ist. Sie haben diese Aufgabe noch nicht bzw. sollen die Verantwortung noch nicht haben.

Vielleicht ruft der Duft bei manchen Widerstände hervor, die zu früh im Leben eben jene Verantwortung hatte, aber noch nicht die Reife und Ressourcen dieser wirklich nachkommen zu können. Und die damit noch immer Schmerz empfinden.

Erwachsene jedoch können mit dem Duft auf die Suche und Stabilisierung ihrer Alltagsweisheit gehen.

Wohlgemerkt geht es mit Basilikum ums Weltliche, nicht ums Spirituelle. Das mag verwundern, wenn wir an das Heilige Basilikum bzw. Tulsi denken, das aber eine andere Art ist (Ocimum sanctum). Bei Ocimum basilicum geht es durchaus um weltliches Glück und Reichtum. Das Weltliche schließt das Spirituelle aber nicht aus, auch das weiß Basilikum. Im Gegenteil, denn dann wird der weltliche Akt wirklich bedeutsam.

 

Die Depression des Basilikums

Basilikum gilt als wichtiges Antidepressiva. Wenn wir uns das Thema betrachten, kommen wir zur Schlussfolgerung, dass dies eine Depression sein muss, die aus einem Mangel an Selbstverantwortung entsteht oder eben aus zu früher Verantwortung. Mit der Beschäftigung mit dem Duft wird aufgeräumt, das Selbstvertrauen gestärkt, gekämpft – aber so wie ein König das tun würde. Deshalb geschieht dies in Würde und aus überlegter Ruhe heraus. Es werden Pläne entworfen und Strategien entwickelt. So lässt es sich langsam aus der Tiefe auferstehen.

Mein heutiges Basilikumerlebnis

Mittlerweile mag ich Basilikum auch gerne länger riechen. Auch rieche ich noch ganz andere Noten aus dem Vielstoffgemisch heraus. Er ist süßer geworden, sanfter, runder. Der Duft breitet sich aus und nimmt mich mit, als würde er mir seine Ländereien zeigen, die ja eigentlich meine sind. Das alles beherrsche ich und sorge mich darum.

Es ist wahr, seitdem meine Selbstständigkeit solide ist und ich meine Welt zunehmend definiert und entdeckt habe, begegne ich im Basilikum meiner Königin in mir. Ich sorge mich gut um sie und halte sie mit neuen Investitionen, Ideen, Partnerschaften und Austausch lebendig und pulsierend.

Wenn ich euch jetzt verrate, dass Basilikum aus dem Griechischen stammt (vasilikós) und „königlich“ bedeutet, bekommt ihr dann auch eine Gänsehaut? Ich erfahre die psycho-aromatherapeutische Wirkung der Pflanzen ja durch Pflanzenkommunikation. Ungelogen habe ich die Botschaften über die Königsfigur im eigenen Leben von der Pflanze selbst erlangt und erst danach über die Etymologie erfahren. Auch die alten Griechen haben ihren eigenen Zugang zur Pflanzenwirkung gehabt. Wir sollten Namen wirklich Bedeutung schenken und öfter lauschen, wenn alte Geschichte erzählt werden.

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