Willkommen in den Raunächten – der stillen Zeit zwischen den Jahren.
Ruhe darf einkehren, Familienbande gespürt werden, Kraft getankt und sich über das Wunder des Lebens gefreut werden. Gerne nehme ich euch in dieser Zeit auf eine Reise. Es ist mein eigener Aufbruch in die Welt der Destillation, des Probierens, des Staunens, des Transformierens. Destillation als alchemistischer Prozess darf uns auf vielen Ebenen lehren – Achtsamkeit, Meditation, Wundern. Und Riechen. Oh welch tolle Düfte dieses Heim in den nächsten 11 Nächten noch erfahren darf. Der erste Duft erfüllte jedenfalls schon die Gemäuer und von ihm gilt es nun zu berichten:
Der Alleskönner Lavendel
Der Lavendel ist eine ganz große Heilpflanze in unseren Breitengraden. So groß, dass er mit Pflanzen anderer Kontinente verglichen wird, um auszudrücken, wie groß die jeweils andere Pflanze dort ist. Teebaum in Australien z.B. sei ein solches Allheilmittel für die Aboriginals wie für uns unser Lavendel. Von ihm kennen wir in der Aromatherapie drei Stück – denn Lavendel ist erst einmal nur die Gattung. Wir kennen den Berg-Lavendel (Lavandula angustifolia), der hoch oben in den Bergen Frankreichs am besten wild gesammelt wird. Je höher er wächst, umso beruhigender und zentrierender wirke er auf uns, heißt es. Wir kennen noch den Speik-Lavendel (Lavandula latifolia), den unterschätzten Lavandin (Lavandula x hybrida) und den herausfordernden Schopf-Lavendel (Lavandula stoechas), der auch als Epilepsie auslösend gilt und dessen ätherisches Öl lange gar nicht erwerblich war.
Die geistige Wirkung des Berg-Lavendels
Alle Lavendel haben ein Thema gemein: Unsere Beziehung zu unserem eigenen Raum. Daher bietet sich der Lavendel so gut an, die Raunächte einzuläuten.
Der von mir verwendete Berg-Lavendel hält unseren Raum auf scheinbar sehr allgemeiner Ebene, doch wohnt in ihm eine wirklich feine Weisheit inne, sodass er sowohl für Alltäglichkeiten, als auch hohe spirituelle Prozesse sein Thema wirken lässt.
- Er gibt mir die Impulse, mein Zuhause als meinen Raum zu definieren, ihn auch emotional als diesen zu begreifen.
- Er hilft mir beim Reinigen von jenem, was ich nicht mehr brauche.
- Er inspiriert mich, in meinen eigenen geschützten Ausdruck zu kommen und in meinen Vier Wänden mein eigenes Süppchen kochen und mich damit ausprobieren zu können.
Hier bin ich Mensch.
Destillation des Lavendels
Das klingt alles wunderbar entspannend und die Zeit der Stille ließe sich sicher gut damit einweihen – so dachte ich.
Und dann kam alles ganz anders.
In meiner Literaturgrundlage, Susanne Fischer-Rizzis „Das große Buch der Pflanzenwässer“, steht an mehreren Stellen geschrieben, wie schnell so eine Lavendeldestillation denn ginge und es wäre sogar sehr gut, ihn recht schnell zu destillieren. 15 Minuten wäre eine gute Zeit. Es waren bei mir am Ende 5 Stunden!
Sicher ist sicher
Es war gegen 21 Uhr, als ich nach einer Stunde von der Idee der Destillation bis zum Abschluss der Vorbereitungen endlich begann, die Kerzen unter dem Destillierkolben zu entzünden.
Da ich mit einer Glasdestille arbeite, ist Vorsicht gut und sind Siedesteinchen Pflicht: Wir wollen im Blick haben, dass sich kein Siedeverzug bildet und die Destille Gefahr läuft, bei der nächsten Möglichkeit, eine Siedeblase nach oben zu bewegen, explodiert. Diese Gefahr ist wohl der einzige Nachteil einer Glasdestille und deshalb ein guter Destillationskurs Voraussetzung, um eine Glasdestille bei verantwortlichen Händlern zu erstehen.
(PS: Seht ihr, wie voll der Kolben ist? Nicht nachmachen! Max. 2/3!)
So sicher bin ich mir nicht
Ich füllte den Kolben gut mit Lavendelblüten – und den Siedesteinchen. Es folgte das Wasser. Mit einem Glasstab rührte ich die trockenen Blüten im Kolben nass und da ahnte ich schon: Das ist zu viel des Guten. Die Blüten klebten aneinander und es bildete sich eine dicke Schicht über dem Wasser mit ihnen. Ich goss den Kolben also wieder ab, holte die Hälfte der Lavendelblüten wieder hinaus (und weiß im Nachhinein nun gar nicht, in welcher Hälfte die Siedesteinchen verblieben). So setzte ich den Kolben wieder in das Stativ und legte gegen 21 Uhr los.
Hmmm, dachte ich mir weiterhin. So richtig gelöst ist das Problem mit der Halbierung dessen auch noch nicht. Die Warnung aus dem Kurs hielt sich beständig in meinem Hinterkopf und in mir schürte sich die Angst nach einem Stau der Hitze unter der Lavendelschicht und dem großen Knallbummpeng.
Sicherheit ist eine Illusion
Es dauerte, ehe es heiß wurde (auch das mit dem Abstand zur Hitzequelle muss noch mutig erfahren werden). Mein Infrarot Thermometer warnte mich dann: unten im Wasser 78° C. Die Lavendelschicht darüber hatte 10° C weniger. Sh*t, dachte ich. Kerzen weg, Kühler ab, Stopfen mit Teflonmanschette (die sitzt richtig fest am Stopfen, um zu verhindern, dass Glas an Glas zu fest werden) auf den Kolben und losschwenken.
Dann müsste doch alles gleichmäßig nass und warm werden, Bewegung reinkommen und endlich der Tanz im Kolben beginnen, so meine Idee.
Im Nu und mit Getöse schoss der Stopfen aus dem Kolben. Die Teflonmanschette blieb im Kolbengewinde. Auweia, dachte ich, das wäre mir um die Ohren geflogen.
Nervenkitzel und Prost
Ich destillierte weiter – nicht ohne panisch alle 2 Minuten heftig am Kolben und Stativ zu wackeln, damit sich alles bewegen konnte, atmen konnte. Auch ich konnte dann kurz wieder atmen. So dauerte alles natürlich, denn jedes Mal war der Kolben von seiner Hitzequelle weg.
Schließlich kam die Zeit des ersten Tropfens. Der wird gefeiert in der Alchemie! Mit anderweitig Destilliertem, also Alkohol, wird dann auf den Protagonisten der Verwandlung angestoßen, auf Merkur. Dann noch einmal auf die Pflanze, die gerade im Kolben tanzt. Ich nahm einen weiteren Schluck: Auf meine Nerven.
Vom Lavendelduft eingehüllt
5 Stunden später erloschen die Teelichter von selbst. Es war 2 Uhr nachts und ich hatte einen mehr als schleppenden Destillationsvorgang hinter mir.
50 ml Hydrolat mit 2 Tropfen ätherischem Öl oben drauf war das Ergebnis.
Eigentlich hätte er noch können, der Lavendel. Es gibt verschiedene Duftphasen, die in der Destillation durchwandert werden. So wie wir allgemein Kopf-, Herz-, Basisnoten kennen, gilt dies auch im Kleinen („Wie im Großen, so im Kleinen“) und so finden wir diese Ebenen auch in jedem einzelnen Pflanzenduft wieder. Dem Geruch zufolge jedenfalls war ich noch lange nicht bei der Basis.
Dafür war ich nun tiefenentspannt. Während in der ersten Destillationsphase die Nerven glühten, hüllte mich der Lavendelduft im Raum und die späte Stunde der Nacht in ein wohliges Seufzen. Auch eine Kuscheldecke hatte ich längst um mich gewickelt. Der Lavendel hatte ganze Arbeit geleistet.
Welch lehrreiche Destillation. Ich habe erneut meinen Respekt für die große Kunst erleben dürfen und weiß einmal mehr: Übung macht die Meisterin.
Zu den Raunächten gehört es zu Raunen, etwas divinatorisch zu wirken. Ihr ahnt, das Orakeln zu Silvester ist nur ein Überbleibsel aus der gesamten Raunachtszeit. Die 1. Raunacht steht für den Januar. Ich ziehe gern Tarotkarten in der Zeit. Aber ihr könnt auch aus den verschiedenen Pflanzenkartensets einen Duftbegleiter für die Zeit ziehen. Ein solches Set könnt ihr hier gewinnen:
Mitmachen und gewinnen!
Bei jedem Rätsel könnt ihr mitmachen. Wer richtig liegt, wird in die Auslosung am 6. Januar genommen. Wer 12 x richtig liegt, steht auch 12 x in der Liste! Beachtet jedoch, dass jede/r nur einmal pro Rätsel mitmachen kann. Mehrmalige Teilnahmen unter verschiedenen Angaben sind nicht fair und führen zum Ausschluss für das gesamte Gewinnspiel. Einsendeschluss für dieses Raunachtsrätsel ist der 25.12.18 um 18 Uhr. Alle im Zuge des Rätsels eingesandten und gespeicherten Daten werden umgehend nach der Verlosung gelöscht und nur für die Verlosung selbst genutzt.
Gewinnen könnt ihr eines
meiner Kartensets „Duftimpulse 1„:
Rätselfrage
Frankreich ist des Lavendels Heimat und Quelle vieler feiner Lavendelöle. Welches andere europäische Land aber schlägt Frankreich in der Lavendelölproduktion?
Die Antwort:
Gesucht war Bulgarien, das Frankreich seit 2012 den Rang abgelaufen hat. Das liegt einerseits an der fiesen Krankheit des Lavendels (Monokulturen sind halt anfällig) und andererseits an der immer größeren Produktion in Bulgarien. Während in guten Zeiten in Frankreich 85 t Öl im Jahr produziert wurden (jetzt halbiert), liegt Bulgarien jetzt bei 120 t! Aber auch dort gibt es Monokulturen…
Die WELT schrieb einen interessanten Artikel über die Thematik im Sommer 2012: „Frankreichs Lavendel stirbt„
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