Zur letzten Raunacht widmen wir uns noch einmal dem zweiten großen Thema von Wurz & Wort, nämlich dem Wort. Es ist eine Erinnerung daran, wie mächtig unsere Worte sind und dass die natürlich auch fernab von Heilkunde für unseren Alltag gilt. Wir schließen die Wurzelduftportraits mit dem Enzian – als Bitterdroge wohlbekannt, als ätherisches Öl kaum. Er macht dem Wurzelölthema, wieder zurück auf den eigenen Weg zu finden, alle Ehre.
Die Kraft & Macht des Wortes
Worte verwenden wir sehr alltäglich. Schnell ist etwas gesagt, manchmal etwas anderes gemeint. Uns dünkt, wir sollten öfter vorsichtiger mit unseren Worten sein.
Andersherum ahnen wir, dass wir Worte auch bewusst und heilsam einsetzen können. In unseren Breitengraden ist noch die Überlieferung präsent, dass wir dies dann am besten dreimal aussprechen. So machen es uns Märchen vor und wir gelangen damit zur Wortmagie und Wortmedizin, die wir tatsächlich in allen Glaubenskonstellationen als verankertes Wissen erkennen können. Zumeist nutzen wir Wortmagie beziehungsweise setzen wir Worte bewusst ein, um die Intention zu setzen, einen Wandel herbeizuführen.
Die präsenteste Form der Wortmagie in unserem Kulturraum ist vielleicht noch das Böten. Dies ist eine schamanische Technik, die vielerorts christianisiert wurde. Gemeint ist das Besprechen, zumeist von Hauterscheinungen wie Warzen. Und dass dies funktioniert, beweisen viele. Einige aber haben es ohne Erfolg versucht.
Wer sich in spirituellere Kreis begibt, kommt nicht umher, immer wieder auf die eigenen Gedanken und Worte aufmerksam zu werden. Und wenn es einem die innere Stimme flüstert. Mit zunehmender Feinfühligkeit erkennen wir, wie Gedanken unsere Welt formen. Wir nehmen Einfluss auf uns selbst und auf andere. Und eben auch auf komponierte Ätherisch-Öl-Mischungen, Tinkturen und Co, die wir in den Händen halten und bewusst Worte der Absicht sprechen:
»In vielen Heilkulturen ist es verankertes Wissen, dass die magischen Wort in die Hände fließen und durch deren Bewegungen (Zaubergebärde) sowie Berührung der Hilfesuchenden heilsam wirken. […] Das Wort, die sich in hörbarem Klang ausdrückende Absicht der heilsam Wirkenden, ist neben der Pflanzenmedizin das mächtigste Wirkmittel im Schamanismus.« – Nana Nauwald: Mein Wort ist mächtig
Aus eigener Erfahrung kann ich berichten: Es lohnt sich, sich wirklich zu trauen, laut zu sprechen, statt nur still zu wiederholen.
Im Schamanismus geht die Wahrnehmung so weit, dass wir mit Pflanzen so innigen Kontakt aufnehmen können, sodass sie uns ihr »Lied« übermitteln. Das sind Worte und Melodien. Selbst wenn wir jene Pflanze gerade nicht materiell bei uns haben, können wir mit ihr Heilung wirken, indem wir dann das Lied singen oder uns damit verbinden. Ich mache das tatsächlich öfter mit Hilfe von schamanischen Reisen, indem ich zu den einzelnen Duftpflanzen reise. Es ist für mich eine viel konkretere Verbindung mit handfesteren Informationen für mich, die sich auch in meinem Körper niederschlägt, wenn ich darum bitte. Aber es kostet mich Konzentration und ich brauche Ruhe. Manchmal brauche ich aber genau dies, die Ruhe und Kraft zur Konzentration. So kommen die ätherischen Öle der Pflanze dann doch genau richtig.
Eine praktische Anleitung zum Verbinden mit Pflanzen ohne schamanisch reisen zu müssen, fand ich im Buch von Nana Nauwald. Es ist eine Quintessenz aus Gesprächen mit vielen heilkundigen Allgäuer Kräuterfrauen:
»Möchte ich mit dem Geist einer pflanze in Kontakt treten, so rufe ich den Pflanzengeist dreimal an. Ich konzentriere mich auf die Pflanze, nehme die Empfindungen wahr, die ihre Schwingungen in mir auslösen. Von alleine, ohne zu denken, kommen irgendwann Worte, Reime, Melodien. Der Pflanzengeist erzählt mir, was ich wissen soll und meine innere Verbindung findet in Wörtern einen Ausdruck.«
Alles aber steht und fällt mit unserer Absicht und unserem Herzen. Macht kann für beide Seiten der Medaille genutzt werden.
»Noch stärkere Macht als in Kraut und Stein liegt in dem Wort,
und bei allen Völkern gehen aus ihm Segen oder Fluch hervor.«– Plinius (ca. 23-79 u. Z.), römischer Gelehrter, Verfasser eine Naturkunde; zitiert in Nana Nauwald: Mein Wort ist mächtig
Und bevor wir jetzt nicht mehr wissen, was wir eigentlich sagen sollen:
»Auch ein Gedanke hat Leben, hat einen Klang. Vielleicht liegt die eigentliche Kraft eines Wortes im Geist dessen, der das Wort spricht, nicht so sehr in der Bedeutung des Wortes.« – Nana Nauwald
Gelber Enzian ganzheitlich
Gentiana lutea steht wie eine leuchtende Fackel an Berghängen. Er vermittelt das Bild eines geordneten, wachen, bewussten Charakters, was seine Kraft eigentlich schon auf den Punkt bringt. Mit Enzian sollten wir arbeiten, wenn unser Leben sich soweit konstruiert hat, von äußeren Einflüssen beherrscht wurde, dass unser geführtes Leben den Bezug zu unserem Herzen verloren hat.
Dann erfüllen wir Aufgaben, weil wir müssen, blind und ohne innere Führung. Wir folgen schnellen Bedürfnisbefriedigungen, wie sie von der Werbung vermittelt werden und sind selbst bei diesen in einer Funktionserfüllung gefangen. Mit Enzian gelingt die tiefe Verbindung mit dem Herzen. Aus Blindheit wird Sehen, denn »nur mit dem Herzen sieht man gut«. So finden wir zurück in die innere Gewissheit, verbinden wieder das Äußere mit dem Inneren und sind wieder aufrecht mit unseren Gefühlen verbunden. So aufrecht und zufrieden gehen wir dann, wachsam und bewusst, unseren eigenen Weg.
Die Rückverbindung mit den Gefühlen ist ein zentrales Thema bei Verdauungsbeschwerden durch unzureichende Bildung von Verdauungsenzymen und Galle. Es heißt nicht umsonst Bauchgefühl. Wer Probleme bei der Verdauung, der Darmgesundheit oder dem Immunsystem hat, hat sehr häufig auch die Aufgabe, wieder ganz konkreten Kontakt zu seiner Gefühlswelt aufzubauen. Auch, wenn erst einmal Unschönes zu Tage kommt (bei der Leber ist es gerne Wut), es darf gefühlt werden und dieses Bewusstwerden ist für die Ausheilung von großer Bedeutung. Dieser Schritt muss von allen gegangen werden, welche sich aus destruktiven Erkrankungen heilen möchten.
Einen besonderen Bezug hat Enzian auch zum Magen. Der Magen steht in enger Verbindung mit unserem Heimatgefühl. Ist der Weg, den wir gehen, für uns eine Heimat, weil er uns eigen ist?
Trivialnamen
- Enze, Jenzene
- Jäuse
- Hochwurz, Himmelsstängel
- Bitterwurz, Branntweinwurz, Magenwurzel
- Gelbsuchtwurzel
- Halunkenwurzel
- Sankt-Ladislai-Kraut
Enzian kann uns in der Heilung sowohl als verdauungsanregendes Tonikum helfen, aber eben auch psychisch begleiten. Einmal wieder zeigt sich, dass es wichtig ist, Heilpflanzen sanft zu verarbeiten und alle Komponenten zu integrieren – auch die geistige. Die passenden Worte gesprochen, zum Beispiel bei der Zubereitung eines Verdauungstrunks mit Enziantinktur, wirkt es besser. Oder wir bereiten mit dem ätherischen Öl ein Öl zur Baucheinreibung vor. Hier ist es ganz praktisch, wenn das Öl dreimal im Uhrzeigersinn (in Verdauungsrichtung) eingerieben wird und ebenso Dankbarkeit und Unterstützungswunsch geäußert wird.
Das Raunachtsgewinnspiel
Frage:
Es wird davor gewarnt, in der Natur selbst die Wurzeln des Enzians ernten zu wollen. Teilweise ist das so reglementiert, dass nur lizensierte Sammler dürfen. Ein Grund dafür ist die Verwechslungsgefahr mit dem stark giftigen Weißen Germer, wenn man erntet, wenn beide nicht blühen. Was aber ist ein wirklich prägnantes Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden, welches im Nicht-Blüh-Stadium bestimmtbar ist?
Antwort:
Also, die gute Nachricht ist: Ihr wusstet alle, dass es was mit den Blättern zu tun hat und die einen kreuzgegenständig und die anderen dreigliedrig wechselständig sind – wie bei einer Spirale. Jetzt ist die Kunst, dies nicht zusammen zu werfen 😉 Sonst geht das nach hinten los.
Die meisten von euch lagen richtig: Der Gelbe Enzian hat kreuzgegenständige Blätter. Der Weiße Germer baut lieber Stufen, ist wechselständig. Diese Dreier-Stufen baut übrigens auch die Myrte, wie mir eindrücklich in Pantelleria in Erinnerung blieb.
Spielregeln:
Die Frage ist für 24 Stunden online. Danach gibt es die Auflösung und vor allem die nächste Chance im neuen Artikel. Ihr könnt jede Frage einmal beantworten. Unter den richtigen Antworten lose ich nach den Raunächten die Gewinnerin bzw. den Gewinner aus. Insgesamt könnt ihr, wenn ihr jeden Tag die neue Frage richtig beantwortet, 12 Lose bekommen und eure Gewinnchance damit wesentlich erhöhen.
Gewinn:
Zu gewinnen gibt es mein 2. Buch! Und nein, ihr habt noch nichts verpasst: Es erscheint erst in 2022. Die Gewinnerin oder der Gewinner darf sich ein bisschen gedulden, wird aber die/der erste sein, die/der das Buch in den Händen hält. Wenn das kein Mega-Preis ist! 😀
Neumond 4.8.24 – Ceylon Zimt-Blätter
In diesem Monat darf uns eine feurige Kraft begleiten: Der Duft der Blätter des Ceylonzimtbaumes (Cinnamomum verum).Verbindung mit der Herkunft Der Ceylonzimtbaum ist ein stattlicher massiver Baum. Wir kennen primär zwei ätherische Öle aus seiner Gestalt: Zimtrinde...
Über Algenduft und Algen-Absolue
Dies ist der Auftakt, meine Duftpalette etwas genauer vorzustellen. Mit Anekdoten, Erfahrungen oder Wissen - Hauptsache kurzweilig. So ergeben sich vielleicht neue Aspekte, Ideen und Erinnerungen, die in eurer Praxis hilfreich sein können.Algen - zurück ins Meer A wie...
Ketone in ätherischen Ölen – Bedeutung und Achtung
Sie gehören zu den kritischen Inhaltsstoffen ätherischer Öle und mit Bedacht angewendet. Richtig eingesetzt können sie unentbehrlich werden. In diesem Artikel stelle ich jene Inhaltsstoffe vor, die wir Ketone nennen und differenziere ihre Funktionalität und...